Doppelstudium — ein Handbuch
“Du studierst Medizin UND Informatik? Hast du überhaupt noch ein Leben?” Ein Satz, der jedes Mal kommt, wenn man sich irgendwo auf die Frage, “Was studierst du so”, vorstellt. Ja, das Doppelstudium ist anstrengend, aber auch unglaublich bereichernd. Die Chance, auch mal außerhalb des Tellerrands ganz andere Erfahrungen zu machen, und Dinge miteinander verknüpfen zu können, die viele “nur” von der einen Seite sehen, ist toll.
Hier sind einige Tipps und Tricks, die ich auf diesem Weg sammeln durfte.
Was sind deine Gründe?
Bevor du das Doppelstudium (oder dein zusätzliches Studium) beginnst, solltest du dir auf jeden Fall im Klaren sein, warum du das zweite Studium aufnehmen willst, und warum das parallel zu deinem ersten sein muss. Denn: zwei Sachen gleichzeitig zu machen, nimmt dir nicht nur viel Zeit und Energie weg, es wird höchstwahrscheinlich auch dazu führen, dass du von beiden Studiengängen weniger mitnehmen wirst, als wenn du dich auf eines konzentrieren könntest. Stell dir also die ernsthafte und ehrliche Frage, ob du nicht die Fächer auch hintereinander studieren könntest.
Diese Gründe zu kennen, ist enorm wichtig, wenn du dann später Entscheidungen treffen musst, wie: Welchen Studiengang lege ich im Zweifel ab? Oder: in welchem Studiengang möchte ich schneller fertig werden? Ich rate auch dringend dazu, einmal mit der Studienberatung der entsprechenden Uni zu reden, u.A. um auch in Erfahrung zu bringen, wie die Kurszeiten und -aufwände sind.
Informiere dich außerdem auch, ob es ECTS-Hürden oder zeitgebundene Grundlagenfächer (GOPs) in einem oder beiden Fächern gibt, denn diese musst du natürlich nach gegebener Zeit bestanden haben.
Was mir auch geholfen hat, ist mich zu fragen: “Wenn mich jemand fragt, was ich so mache, was antworte ich intuitiv?”
Bewerbungen und Genehmigungen
Die Bewerbung ist natürlich sehr studiengangsabhängig. Nichtsdestotrotz gibt es einiges zu beachten:
Hast du bereits einen Studienabschluss (beispielsweise, du hast schon einen Bachelor und willst jetzt neben deinem Masterstudium noch etwas anderes studieren), bist du Zweistudierender. Dafür gelten allgemein häufig andere Bewerbungsfristen und -regeln. Informiere dich hier also frühzeitig.
Achtung Verwechslungsgefahr: Zweitstudium = ein nicht-konsekutives Studium nach einem bereits bestandenen Abschluss (zB Bachelor), Doppelstudium = zwei Studiengänge gleichzeitig.
Studierst du zwei Fächer mit NC oder Zulassungsbeschränkung, kann es sein, dass du dir eine Genehmigung der Unis holen musst, dass du diese Studiengänge parallel studieren darfst. Diese erfolgt formlos und sollte eine Begründung (siehe erster Punkt) enthalten. Am besten rufst du dafür bei einem der beiden Unis an und fragst nach, ob das nötig ist.
Finanzielles
Der erste Punkt hier ist natürlich, ob und wie du dir das Doppelstudium leisten kannst. Denn: neben dem ganzen Studieren bleibt nicht mehr viel Zeit, um nebenbei zu arbeiten. Es gibt zahlreiche Stipendien, auf die man sich bewerben kann (ein gutes Beispiel ist das Deutschlandstipendium), aber dabei kann man sich im Normalfall nur über dein Erststudium, d.h. das Studium, was du offziell zuerst angefangen hast, bewerben. Sobald dieses abgeschlossen ist, bist du üblicherweise aus Stipendien ausgeschlossen. Insofern ist das natürlich auch eine Überlegung hinsichtlich der Frage wert, welcher Studiengang wann abgeschlossen werden soll.
Der zweite Punkt: Studiengebühren. In manchen Bundesländern werden zusätzliche Studiengebühren verlangt, oder man muss die normalen Studienbeiträge zweimal bezahlen. In meinem Fall bin ich an der TUM und an der LMU eingeschrieben, welche glücklicherweise die Vereinbarung haben, dass ich die Studienbeiträge nur über mein Erststudium bezahlen muss und dann mit der Zahlbestätigung von der anderen Universität befreit werde. Informiere dich hierzu aber bei deinen Unis selbst.
Zeitplanung ist das A und O!
Jetzt zum größten Punkt: man ist erfolgreich eingeschrieben, hat die Beiträge gezahlt, und nun steht man vor einem Berg an Lehrveranstaltungen und Klausuren und muss das alles unter einen Hut bekommen. Wie geht das?
Mein größter Tipp: Unbedingt ehrlich und offen mit den zuständigen Koordinatoren des Studiengangs frühzeitig reden, und um ihre Unterstützung bitten. Ich habe bisher vor Beginn jedes Doppelstudium-Semesters einmal mit dem Dekanat telefoniert.
In meinem Fall ist mein Studiengang Informatik an der TU München sehr geeignet für ein Doppelstudium, weil es dem Studierenden die Freiheit überlässt, welche Fächer man in welcher Reihenfolge — und insbesondere wie viele Fächer — man absolvieren will. Medizin auf der anderen Seite hat immens viel Anwesenheitspflicht, und man wird Kursen einfach zugeteilt. Insofern war bei mir klar, dass ich die Informatik-Fächer um den Mediziner-Stundenplan legen muss. Ich kann sehr empfehlen, wenn man ein Doppelstudium antreten will, sich vorher über diese Modalitäten zu informieren und maximal einen Studiengang zu haben, der ebensolche Anwesenheitspflichten hat, weil es sonst extrem schwierig wird, das zu koordinieren. Außerdem kann es sehr helfen, einen Studiengang zu priorisieren, während man den anderen außenrum legt und notfalls schiebt.
Super wichtig: die Klausurtermine inkls. Nachklausuren frühzeitig herausschreiben und freihalten. Mit einer hohen Wahrscheinlichkeit wirst du ein oder zwei Klausuren nicht direkt schaffen, und manchmal ist es sinnvoll, sogar strategisch auf die Nachklausur zu schieben.
Und noch viel super wichtiger: Nimm dir trotz allem noch viel Zeit für dich, Freunde und Familie, denn ohne die wirst du das Ganze auf Dauer nicht schaffen. Manchmal muss man sich die Zeit auch einfach nehmen, Klausuren hin oder her;) Ich kann nicht oft genug sagen, wie sehr “ich habe keine Zeit für xy” nicht stimmt. Es ist letzten Endes immer eine Frage dessen, wie sehr man was priorisiert — und ich musste lernen, Freunde und Familie auch mal über universitäre Dinge zu setzen, auch wenn ich “eigentlich lernen müsste”. Du rennst einen Sprint als Marathon, nimm dir also auch die Zeit für aktive Pausen!
Tools, Tipps und Tricks
Verständlicherweise ist es meist an dir, dich um geeignete Stundenpläne zu kümmern. Insofern muss man sich frühzeitig, d.h. 1–2 Wochen vor Semesterbeginn, damit beschäftigen.
Sehr hilfreich fand ich dabei einen digitalen Kalender wie Google Calender für die Kurseinteilungen. Ich habe dann einen Kalender für die anwesenheitspflichtigen Fächer erstellt. Außerdem habe ich bei Fächern, in denen ich mich um eine Kurseinteilung selbst bemühen musste, jeweils einen eigenen Kalender für jede infrage kommende Einteilung erstellt (die Kurseinteilungen erhält man typischerweise beim Kursleiter). Das erlaubt es mir, die einzelnen Einteilungen an- und auszuschalten und so zu vergleichen, ob und welche Überlappungen es geben würde.
Außerdem ganz wichtig: ggf. Arbeitszeiten, Fahrtzeiten und Pausen nicht vergessen und auch eintragen, damit sie nicht aus versehen verplant!
Als zweites Tool würde ich Notion empfehlen, um insbesondere zwischen deinen ganzen Todos noch eine Übersicht zu behalten. Ich habe dabei eine Kanban-Ansicht benutzt, um für jedes Fach die Todos und Tags zu verwalten und auf einem Blick zu sehen, wie weit ich mit welchem Fach bin. Auch für Zusammenfassungen und Notizen is Notion wirklich super!
Connections
Ein letzer, aber sehr wichtiger Punkt ist, sich frühzeitig seine Lernpartner/innen zu besorgen, denn diese helfen dir einerseits, am Ball zu bleiben, andererseits können sie auch ggf. Fehltermine für dich mitschreiben. Auch über organisatorische Änderungen und Termine bleibt man so besser informiert. Außerdem lernt man so die coolsten Leute kennen!
Erfahrungen genießen, aus Fehlern lernen
Letztlich geht es am Ende darum, dass du aus deinem Doppelstudium das ziehst, was du anfangs vorgenommen hast. Übernimm dich nicht, gestehe dir eventuell auch ein, wenn du dir zu viel vorgenommen hast, und nimm das Ganze nicht zu ernst!
Wenn du noch Fragen hast oder konkrete Tipps zu dieser Fächerkombination brauchst, melde dich gerne.